Der Bau der neuen Feuerwehr Goldach schreitet voran.
Eine echte Hausnummer: Hauptstraße 101
Wenn sich eine 10-köpfige Damenrunde nebst Nachwuchs mit nur einem Mann trifft, kann das nur einen Grund haben: eine Baustellenbesichtigung. Stephan Zobel, erster Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr stellt sich den Fragen, die der anwesenden Freundinnen und Frauen aktiver Einsatzkräfte unter den gepflegten Nägeln brennen. „Die jetzige Hausnummer ist eigentlich die „1“ und der neue Standort ist die „01“, so ist die neue Hausnummer entstanden.“ Bis zur Eröffnung des neuen Feuerwehrhauses im Juli oder August 2026 dauert es nicht mehr allzu lange und wer sich im Rohbau umschaut, kann sich nach Zobels Ausführungen ein gutes Bild davon machen, wie es aussehen soll.
Gebäude platzt aus allen Nähten
Wie im Ort bekannt, sei die alte Wache in die Jahre gekommen, erinnert Zobel im zukünftigen Stüberl des imposanten Baus an die Ausgangssituation, um die Notwendigkeit einer Neuerrichtung noch einmal vor Augen zu führen: „Die Entwicklung der Gemeinde hat uns überholt. Fertiggestellt wurde das Gebäude 1987 bei einer Einwohnerzahl von rund 4000.“ Knapp 40 Jahre später leben in der gesamten Gemeinde etwa 13000 Menschen. Seit Jahren stößt der noch genutzte Bau im wahrsten Sinne des Wortes an seine Grenzen und nach zwei Erweiterungen seien die Möglichkeiten des Geländes ausgeschöpft, macht Zobel: „Auf der Westseite heißt das: Grundstücksgrenze, Haus, Nachbar. Genauso auf der Ostseite: Grundstücksgrenze, Haus, Nachbar. Im Süden grenzt ein Haus an, das uns nicht gehört und im Norden die Hauptstraße.“
Auslagern notwendig
Eine weitere Erschwernis bilden das Geh- und Fahrrecht des Vorplatzes für die Besitzer des Grundstücks und der Parkplatz: „Der ist nur gepachtet. Den Bedarf für ausreichende Plätze hatte man ursprünglich vergessen, denn damals hatte die Feuerwehr nur zwischen 15 und 20 Einsätze pro Jahr. Stand 2024 rückten wir aber rund 300 Mal jährlich aus“. Insgesamt seien die Raumverhältnisse sehr beengt: „Dankenswerterweise lagern wir einige Gerätschaften und Material bei den Kollegen in Hallberg. Bereits zu Harald Reents Zeiten haben wir festgestellt, dass das so nicht weitergeht und wir handeln müssen.“
Alternativen unmöglich
Überlegungen, wie das „Nötigste zu machen, beispielsweise eine Abgasabsauganlage waren schnell vom Tisch“, erklärt Zobel. „Eine Fachfirma wollte das in die Hand nehmen. Deren Lösung wäre auf Kosten unseres Stüberls gegangen. Dann kam jemand auf die Idee die Leitungen über den Keller zu ziehen.“ Grundsätzlich sei daran nichts auszusetzen, meint Zobel: „Aber wir haben keinen Keller. Technisch war also nichts mehr möglich. Dann regte Harald Reents einen Neubau an. Das war die Geburtsstunde.“
Rechnen, erheben, streichen, neu aufstellen
Von Beginn an steht fest: Die Auflagen und Vorgaben für die Planungen sind knackig. Neben der Bedarfsermittlung geht es vor allem auch um Nachhaltig- und Zukunftsfähigkeit für die nächsten mindestens 50 Jahre, dazu soll es ökologisch wertvoll und erweiterungsfähig sein: „Wir waren 54 Aktive, sollten aber mit 90 planen und mindestens einen Stellplatz freilassen, als Reserve.“ Derzeit verfügt die Wehr über fünf Fahrzeuge und eine Verkehrssicherungsanhänger, das ergibt, inklusive Reserve, sieben Stellplätze. „Dazu sollten wir noch weiteren Platz in Betracht ziehen für einen achten oder neunten Platz “, rechnet Zobel vor. Außerdem gehören zur Kalkulation pro Aktiven drei bis fünf Quadratmeter für einen Spint und Bewegungsraum, um sich umziehen zu können, ein Schulungsraum, Werkstätten und Aufenthaltsräume. Den Berechnungen liegen die Mindestanforderungen der DIN für Feuerwehrhäuser zugrunde, so Zobel: „Wir haben uns von der Unfallversicherung beraten lassen, so kamen wir auf 2000 Quadratmeter.“
Manchmal braucht es kein offizielles Zertifikat
Da aber ein dicker und breiter Entwurf „Schmarrn“ sei, wenn sich ein geeignetes Grundstück als lang und schmal erweist, ruhen die Pläne bis nach dem Tod des früheren Bürgermeisters Harald Reents. Schließlich gibt es ein Grundstück. Nach Planungsanpassungen und Einsparungen geht es los, ohne das zunächst anvisierte Ökosiegel. Denn das scheitert an den Kosten. Zwar gebe es dafür 800 000 Euro Zuschuss, die entstehenden Mehrkosten für Spezialisten und entsprechendes Material, übersteigen die bis dahin errechneten Gesamtkosten erheblich. „Außerdem hätten wir jedes eingesetzte Material bis ins letzte Detail nachweisen müssen. Also Holz von einem Baum, der irgendwo in der Mongolei umgefallen ist. Und wenn wir nur ein einziges nicht qualifizierbares Produkt hier gehabt hätten, wäre alles umsonst und das eingesetzte Geld weg gewesen“, erläutert Zobel und betont: „Wir haben mit Hirn dennoch ökologisch sinnvoll gebaut.“
Dreigeteilte Einheit
Von der Gesamtfläche entfallen 650 Quadratmeter auf die Fahrzeughalle des bis ins kleinste Detail geplanten Großprojekts. Dazu gibt es einen Bereich, der für die Technik, wie Werkstätten, Lagerflächen, Heizung oder Warmwasser vorbehalten ist. Der „soziale Bereich“ beinhaltet, neben einem Sport und Aufenthaltsraum, eine Küche und drei Büros im ersten Stock, die für Homeoffice der Einsatzkräfte nutzbar sind und bis zu sechs Einsatzleuten Ruhe- und Übernachtungsmöglichkeiten bieten. „Ganz wichtig war für uns, den guten Charakter des alten Hauses in diese Räume zu transferieren, um uns wohlfühlen zu können“, betont Zobel. So sei das Stüberl „ein Ticken kleiner“: „Das reicht uns aber“. An die Küche schließt sich ein Saal für Schulungen oder Versammlungen mit den exakten Maßen des bisherigen im alten Gebäude an. „Wenn wir künftig Feste wie unser Lampionfest haben, können wir auf die Fahrzeughalle ausweichen, da passen 650 Leute rein.“ Für den schnellen und reibungslosen Ablauf in der Küche sind ein extragroßes Vorspül- und Hauptspülbecken, Geschirraus- und Rückgabe, Zapfanlage für zwei Fässer, ein Ofen mit einem Induktionskochfeld und Schränken mit viel Stauraum vorgesehen.
»Die jetzige Hausnummer ist eigentlich die „1“
und der neue Standort ist die „01“,
so ist die neue Hausnummer entstanden.«
Stephan Zobel, Erster Kommandant Freiwillige Feuerwehr Goldach
Wer muss oder will, der kann
Auch eine Schlange an der Toilette (bisher je eine) gehöre ab Sommer nächsten Jahres der Vergangenheit an. Zwei getrennte Sanitärbereiche mit Duschen stehen dann zur Verfügung: „Wir haben es fertiggekriegt, dass bei uns sogar die Männer anstehen mussten. Außerdem können jetzt alle nach einem Einsatz duschen, wenn sie das wollen.“ Genauso gebe es getrennte Damen- und Herrenumzugsbereiche: „Über die Hälfte der 32 neuen Mitglieder sind Frauen. Generell lauten die Vorschriften: Über zwölf Jahre alt müssen wir nach Geschlechtern trennen. Nur als Erwachsener darf ich frei entscheiden, wo ich mich umziehe. Alle wollen dann möglichst in der Nähe der Fahrzeuge sein. Da interessiert es niemanden, wer gerade die Hosen runterlässt.“ Die Damenumkleide verfüge über ein weiteres Highlight, schmunzelt Zobel: „Dort endet eine Rutschstange. Wir hatten im alten Gebäude immer wieder die Frage danach.“
Einheitlich und flexibel
Im Bau sorgen die „42er Ziegel“ ohne Außendämmung für gutes Raumklima. Der an manchen Stellen sichtbar eingesetzte Beton sei aus statischen Gründen notwendig, verweist Zobel. „Und baugleiche Räumlichkeiten machen den Bau insgesamt günstiger, da Neuplanungen überflüssig sind. Außerdem ist er behindertengerecht, also barrierefrei. Wir kommen auch überall mit dem Hubwagen hin.“ Auf dem Dach befinden sich wir zwei Retention Grünflächen (200 und 350 Quadratmeter): „Im Bedarfsfall könnten wir dort jederzeit drei Wohnungen á 80 Quadratmeter errichten.“ Ein Zaun sei für eine Durchgangshöhe von 20 Zentimetern über der Grasnarbe vorgesehen: „Damit die Igel durchpassen. Und wir haben das Haus so weit wie möglich nach rechts geschoben, um keinen Baum fällen zu müssen.“
Limit ist Limit
Die Kosten für die neue Wache liegen bei circa 10,8 Millionen: „Derzeit sind wir extrem gut unterwegs und werden sie nicht überschreiten. Wir halten den uns zur Verfügung gestellten Kostenrahmen ein“, zeigt sich Zobel zuversichtlich. „Wenn wir Sparpotenzial gesucht haben, dann haben wir immer bei unserer Bequemlichkeit oder Luxus angefangen.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
Konzeptbilder: © Ingenieurbüro Bestler


















