Regisseur Thomas George freut sich über seine Auszeichnung
Überhaupt kein Schmarrn
Wenn im Urlaub das Handy klingelt, während sich die Füße in den Sand eines Strandes irgendwo auf Zypern graben, sich dann das Landratsamt Freising meldet und zum Kulturpreis 2021 gratuliert, kann die überraschte Antwort vermutlich nur „Ah“ lauten. „Ich hatte den Preis überhaupt nicht auf dem Schirm und nicht damit gerechnet, dass ich so etwas bekommen könnte“, schildert Regisseur Thomas Goerge die skurrile Situation. Obwohl der gebürtige Freisinger in seiner Laufbahn mit bekannten Regisseuren wie Christoph Schlingensief zusammenarbeitet oder seine Bühneninstallationen auf der 54. Biennale in Venedig im deutschen Pavillon zu sehen sind, nimmt er sich immer wieder Zeit, um ehrenamtlich im Landkreis Freising Projekte zu verwirklichen, so wie vor wenigen Monat das interdisziplinäre Theaterprojekt „75 Hektar Wiese“. Auch das mit dem „Tassilo-Preis“ der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnete Siegfried-Projekt, geht auf das Konto des Künstlers. Da verwundert das Urteil der Freisinger Jury kaum. Zwar ist Goerge überrascht von der Entscheidung, trotzdem freut er sich sichtlich: „Wenn man hier aus der Region eine Anerkennung bekommt, ist das schon toll.“
Anerkennung hilft
So ein Preis nehme die gelegentlichen Zweifel oder Gedanken, wie „des is a Schmarrn, was wir machen oder das interessiert eh keinen“, so der Regisseur. Vor allem in der Pandemie mit all den Einschränkungen durch strenge Vorgaben, die kaum Publikum erlauben: „Aber es wurde trotzdem gesehen und das ist das Schöne, wie im Furtner-Bräu, wo wir Kafka gemacht haben“, zeigt sich Goerge begeistert: „Das sind ja alles Low-Budget Geschichten, die nicht vergleichbar sind mit den finanziellen und technischen Möglichkeiten einer großen Theatermaschine, die eine professionellen Inszenierung schafft.“ Besonders schwierig sei die Situation während der Corona-Krise. Wenn er bei einer Vorstellung statt 200 Leute nur 50 zulassen dürfe, ergebe das eine zu große Spanne bei fehlenden Subventionen, rechnet Goerge vor. „Jede Vorstellung kostet Geld und wenn es nur der Strom fürs Licht ist“, macht Thomas Goerge klar.
„Es gibt weitere Ideen, die im Raum stehen. Ich habe quasi mehrere Eisen im Feuer und wir müssen schauen, welches wir rausziehen.“
Thomas Goerge, Regisseur
Glaubwürdigkeit punktet
Die Arbeitsweise an einem professionellen Theater sei unterschiedlich, veranschaulicht Goerge, die sich aber keinesfalls auf die Qualität auswirke: „Natürlich ist es anders mit einem Profi zu arbeiten, als mit einem Laien. Aber man spricht mit verschiedenen Menschen immer anders. Mit einem Professor der Atomphysik, unterhalte ich mich anders, als mit einem Handwerker.“ Das Ergebnis hingegen, ist für den Bühnengestalter gleichwertig: „Es gibt es keinen Unterschied, ob ein Laie den Text spricht oder ein Profi. Im Gegenteil: es kann sogar so sein, dass der gesprochene Text von einem Laien intensiver und intuitiver ist, weil er vielleicht persönlich etwas damit zu tun hat, als ein Schauspieler, der den Text nur spricht.“ Ein Beispiel sei Saad Aljafri, der in einem der Projekte eindrucksvoll seine Fluchtgeschichte aus dem Irak vor Publikum erzählt: „Wenn ich diese Geschichte aufgeschrieben und einem Profi in die Hand gedrückt hätte, wäre das nicht so unter die Haut gegangen, weil er Abstand zu dem Geschehen hat. Was nun besser oder schlechter ist, weiß ich nicht, aber in diesem Fall war es eben sehr authentisch“, verdeutlicht Goerge seine Überzeugung.
Impuls für mehr
„Für mich ist der Preis Ansporn in der Region etwas nachzulegen“, kündigt Thomas Goerge an. „Da sind wir anscheinend auf dem richtigen Weg und offenbar gibt es Interesse von den Leuten.“ Momentan ist der 48-Jährige mit einer Ausstellungsreihe beschäftigt, gemeinsam mit Künstlerin Anja von Wins: „Obwohl wir schon wieder alles wegen Corona verschieben mussten, weil das aktuell einfach keinen Sinn ergibt, auch wirtschaftlich nicht.“ Trotzdem sieht der Preisträger nach vorne und verspricht: „Es gibt weitere Ideen, die im Raum stehen. Ich habe quasi mehrere Eisen im Feuer und wir müssen schauen, welches wir rausziehen.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
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