Der Maibaum ist Geschichte
Abgesägt – Mission erfüllt
Direkt über den Rauten des Maibaums setzt Luis Lenz mit der Kettensäge an. Nur wenige Sekunden später ist der Maibaum in Goldach am Alten Wirt Geschichte – wenigstens 27 Meter davon, nur rund 5 Meter dürfen stehen bleiben. Ungewöhnliche Zeiten verlangen eben nach außergewöhnlichen Maßnahmen. Wenn schon nichts mit Maifest geht, dann doch wenigstens das Umlegen und die Versteigerung des Baums. Zuvor können rund 10 Tage Interessierte Gebote diskret in den Briefkasten am Maibaum einwerfen: „Wir haben etwa 15 Gebote erhalten. Zufrieden bin ich in jedem Fall“, bilanziert Niklas Weltmaier, Schriftführer im Burschenverein Goldach. „Vor allem freuen wir uns, wo der Baum hingeht, zu jemanden, der viel mit dem Burschenverein zu tun hat: Wolfgang Pescolderung von der Dachdeckerei war der Meistbietende. Er ist immer bei uns zu Gast, beispielsweise auch bei der Christbaumversteigerung oder dem Maifest.“
Das Kommando hat eine Frau
Bevor die Dachdeckerei die stattliche Menge Holz vor die Hütte geliefert bekommt, müssen etwa 10 kräftige junge Männer des Burschenvereins Goldach ran und Vorbereitungen treffen: „Besonders herausfordernd ist auf jeden Fall der Wind. Wir müssen gut zusammenarbeiten, aber wir sind da inzwischen alle sehr geübt, weil wir das schon ziemlich oft gemacht haben, ich denke, in einer Stunde sind wir fertig“, gibt sich Niklas Weltmeier zuversichtlich. „ Und dann brauchen wir einen guten Kranfahrer, aber da hatten wir bisher immer Glück.“ Gendergerecht muss es an dieser Stelle allerdings Kranführer*in heißen: Angelika Hirlimann ist die Frau für den Einsatz, der viel Fingerspitzengefühl verlangt. In der Szene ist die 48-Jährige nur als „Schwerlastelfe“ bekannt. Mit geschultem Blick und viel Geschick bringt die studierte Maschinenbauingenieurin den Mobilkran in Position und fährt Stützen aus. Für die Dreifachmama ist es eher ein normaler Job. „Ich habe schon einige Maibäume umgelegt, das ist kein Problem für mich“, sagt Angelika Hirlimann lachend. Konzentriert steuert sie über ein Control Panel das schwere Fahrzeug unter den beobachtenden Augen der Burschen und der Freiwilligen Feuerwehr Goldach. Noch ein paar Anweisungen und Absprachen, dann geht es los.
„Vor allem freuen wir uns, wo der Baum hingeht, zu jemanden, der viel mit dem Burschenverein zu tun hat: Wolfgang Pescolderung von der Dachdeckerei war der Meistbietende.“
Niklas Weltmaier, Schriftführer im Burschenverein Goldach
Binnen kürzester Zeit
Nur einen kurzen Moment später hängt der Baum durchtrennt an der Kette des Kranarms, während die Feuerwehrler die Straße sichern. Einige Augenblicke danach liegt der Riese mit Gockelspitze bereits auf der Fahrbahn. Der rechte Zeitpunkt für die Burschen, um noch einen Gang höher zu schalten. Das Arbeitstempo ist atemberaubend – im wahrsten Sinne des Wortes – jedenfalls bei dem, dessen Kondition sich durch dauerhaftes Corona-Couching inzwischen im Minusbereich befindet. In Windeseile befreit das Turboteam den Stamm von Wappen- und Zunftschildern. Luis Lenz gibt dem Holz mit Maßband und Kettensäge den Rest, bevor sie auf einem Traktoranhänger landen. Gut geschätzt! Nach einer Stunde ist alles vorbei, Niklas Weltmeier ist froh: „Super ist es gelaufen und der Baum geht zu den richtigen Leuten. Die können sicherlich viel damit anfangen und wir wollten ja, dass er hier in der Ortschaft bleibt.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.