Originell, überraschend und spaßig mit viel Liebe zum Detail: Die Nachtwächterwanderung der Moosbühne

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Initiator und Regisseur Martin „Schuki“ Schuster als redegewandter Geschichtenerzähler.

Von Torfstechern, Halunken und anderen Gruselgestalten

Die Sonne steht schon tief, jetzt im Spätsommer und hüllt Schloss Birkeneck in sanftes Licht, als sieben Schläge der Kirchenglocke den Übergang vom Tag zur Nacht ankündigen. Eine Gestalt im langen schwarzen Umhang tritt auf und mahnt mit lauter Stimme rund 25 Anwesende zur Aufmerksamkeit. „Hört, hört“ ruft Nachtwächter „Schuki“ alias Martin Schuster, zweiter Vorstand der Moosbühne Graf Hallberg, in die Menge. Mit fester Stimme und Laterne in der Hand, erzählt „Schuki“ vom ehemaligen Jagdschloss, inmitten von Moorflächen errichtet, wie es in den Besitz des skurrilen Ortsgründers Theodor Maria Hubert Isidor Freiherr von Hallberg-Broich, auch bekannt als Eremit von Gauting, kommt und einem Schmugglergang, der in das angrenzende Birkenwäldchen führt. „Mehr Information hatte ich nicht, aber es hat mich inspiriert einen Faden zu spinnen. Bei unserer Nachtwächterwanderung handelt sich um überlieferte und belegbare Geschichten und gespielten Szenen, die ich dazu passend erfunden habe“, erzählt Initiator und Regisseur „Schuki“ von der kurzweiligen, rund fünf Kilometer langen, Tour durch die Historie des Ortes.

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Geschichte macht hungrig und durstig

„Die Geschichte in Hallbergmoos ist vergleichsweise jung“, sagt der gebürtige Sünzhausener und passionierte Laienschauspieler. „Ich habe Material durchforstet, aber auch bei der Generalprobe noch Neues erfahren, was ich noch kurzerhand eingefügt habe, wie beispielsweise über das Raiffeisengebäude und einen ehemaligen Metzger oder das Polizeihäuschen.“ So begegnen den Nachtwanderern, mitunter recht plötzlich, manch zwielichtigen Gestalten, wie dem Hartl (Robert Walter), Jackl (Thomas Mach) und dem Capo (Harald Kindshofer) im Wald, die Frauen um ihren wertvollsten Besitz bringen, hören die Geschichte von Torfstechern, die in Gräben, bei stickiger Hitze mit handgeschmiedeten Werkzeug, bis zu 14 Stunden täglich arbeiten und ihren kargen Lohn umgehend in Bier umsetzen, ohne Rücksicht auf den Hunger ihrer stets schwangeren Frauen und großen Kinderscharen. Ein passendendes Stichwort für den Nachtwächter, der eine „knackige Pause“ ankündigt: „20 Minuten mit Brotzeit und Getränken!“ Schließlich sei Nachtwächterin und erste Vorsitzende, Christine Wimmer, mit ihrem „Fuß-Gefolge“ seiner ersten Gruppe dicht auf den Fersen. „Aber niemand muss schlingen oder die Halbe runterschwappen“, beruhigt „Schuki“ und ruft zum Wegbier auf: „Genusstrinker können ihre Flasche mitnehmen!“, bevor „Hochwürden“ Pfarrer Weiß (Helle Wolter) seinen Schäfchen die Leviten liest, da etwas sehr Verwerfliches passiert sei.

Weil die es nicht so genau genommenen haben mit der Sauberkeit. Am Wochenmarkt haben sich Freisinger nach dem Handgeben mit einem Hallberger die Hände verstohlen abgewischt“

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Nicht alles geplant

Die Ärmsten der Armen, auch Zuchthäusler, finden eine neue Heimat in Hallbergmoos, berichtet „Schuki“ aus den Annalen des Dorfes und warum die Freisinger immer gegen die Hallberger frotzeln: „Weil die es nicht so genau genommenen haben mit der Sauberkeit. Am Wochenmarkt haben sich Freisinger nach dem Handgeben mit einem Hallberger die Hände verstohlen abgewischt“, erzählt „Schuki“. Zwischendurch, bevor die Mirl (Christina Karl) und Sohn Karle Moitl (Jonas Karl) die Open-Air-Bühne betreten, schallt ein schriller Schrei durch die Dunkelheit – ein toller Special-Effekt: „Aber der kommt jetzt nicht von uns“, klärt Nachtwächter „Schuki“ lachend auf. Nur wenig später folgt ein noch speziellerer Effekt: die angekündigte Toilettenpause fällt wegen abgeschlossener WCs aus: „Das haben wir wohl vergessen, jetzt müssen wir zusammenzwicken“, kommentiert „Schuki“ das kleine Malheur, das vielleicht dem einen oder anderen auf die Blase drückt, aber keineswegs auf die gute Stimmung.

Keine Prinzessin auf der Erbse

Beim ehemaligen Kaindl hat es sich „ausgefannyleint“ macht Fanny (Karin Troidl) Lugge (Markus Streitberger) und den Zeugen der Szene unmissverständlich klar, bevor sich am Friedhof bei nicht wenigen der Wanderer durch die Nacht, die Nackenhaare aufstellen, denn: Erbsenzählen kann tödlich sein! Marei (Franziska Karl) kann das unheilvolle Treiben der Heilmeierin (Gisela Edelmann) bezeugen. „Bis auf ein kleines Detail habe ich mich wegen der Dramaturgie am wirklich stattgefundenen schrecklichen Vorfall orientiert. …“, erklärt „Schuki“ und zieht Bilanz zur ersten Nachtwächterwanderung: „Ich hatte die Idee schon lange vor Corona. Nicht alle in der Truppe waren anfangs total euphorisch, sogar kritisch, ob das klappen kann. Aber ich denke, wir konnten zeigen, dass es funktioniert. Wir sind ausverkauft, aber vielleicht bekommen wir Zusatztermine hin“. Der Nachwächter freut sich über die hörbare Begeisterung des Publikums, bevor der Gesang von Renate Schmidmeier und Uta Dattinger die müden Wanderer zur Nachtruhe begleiten: „ … ’s ist Feierabend, das Tagwerk ist vollbracht, ’s geht alles seiner Heimat zu, ganz sachte schleicht die Nacht.“

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Weitere Termine:

Sa., 11.09., So., 12.09., Fr., 08.10., Sa., 09.10.

Anmeldung unter www.moosbuehne.de

 

Für Sie berichtete Manuela Praxl.

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